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Artikel in der Berliner Morgenpost vom 16. September 2005

Gericht gibt Personalrat recht

Einsatz von Ein-Euro-Kräften an Schulen ist mitbestimmungspflichtig - Land prüft Beschwerde

Von Christa Beckmann

Im Streit um den Einsatz von sogenannten Ein-Euro-Kräften hat der Senat eine weitere juristische Niederlage erlitten. Das Verwaltungsgericht Berlin gab jetzt einer Klage des Personalrats der Berufsbildenden Schulen statt. Danach müssen die Arbeitnehmervertreter darüber mitbestimmen, für welche Arbeiten die Erwerbslosen an den Schulen eingesetzt werden.

Das Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung damit, daß die Ein-Euro-Kräfte auch ohne Arbeitsvertrag in den Dienstbetrieb der Schulen eingegliedert seien und dem Weisungsrecht der Schulleitungen unterlägen.

Der Personalrat war vor Gericht gezogen, weil er sein Mitbestimmungsrecht in 68 Fällen verletzt gesehen hatte. Es handelte sich dabei vor allem um Ein-Euro-Jobber, die als Mitarbeiter in Schulbibliotheken oder Sekretariaten eingesetzt waren oder Tätigkeiten als Hausmeister, Handwerker oder Reinigungskräfte verrichtet hatten.

"Es kann nicht angehen, daß das Land erst alle Bibliothekare an den Schulen entläßt, und dann Ein-Euro-Kräfte einstellt, die die Büchereien in Ordnung halten", sagt Peter Sinram von der Lehrergewerkschaft GEW.

Das Gleiche gelte für die Sekretärinnenstellen, die bereits stark reduziert worden seien und noch weiter gekürzt würden. "Der Wildwuchs im Bereich der Billigkräfte muß eingedämmt werden."

Nach Schätzungen der GEW arbeiten inzwischen bis zu 2000 Erwerbslose für 1,50 Euro Mehraufwandsentschädigung pro Stunde an den etwa 800 staatlichen Berliner Schulen.

"Wir sehen durch die Gerichtsentscheidung unsere Rechtsauffassung bestätigt", freute sich auch der stellvertretende Vorsitzende des Hauptpersonalrats, Knut Langenbach. Er sieht deshalb gute Erfolgschancen für die Klagen weiterer Personalräte von allgemein bildenden Schulen, die zur Zeit noch vor Gericht anhängig seien.

Dort gehe es vor allem um den Einsatz der Billigkräfte bei der Nachmittagsbetreuung von Kindern in Ganztagsschulen. "Die Mehrzahl der Ein-Euro-Jobber wird in diesem Bereich eingesetzt, obwohl es mehr als 400 Erzieherinnen im Stellenpool gibt", sagt Langenbach. Das widerspreche den gesetzlichen Bedingungen für den Einsatz der Erwerbslosen.

Diese dürften nur für Arbeiten eingesetzt werden, die zusätzlich und gemeinnützig sind und die die Menschen auf den regulären Arbeitsmarkt vorbereiten. "An den Berliner Schulen haben die Ein-Euro-Kräfte aber keine Chance, eingestellt zu werden."

Die Senatsbildungsverwaltung ist sich noch nicht sicher, ob sie in Berufung geht. "Uns liegt noch keine Urteilsbegründung vor", sagte Sprecher Kenneth Frisse. "Diese werden wir eingehend prüfen und dann entscheiden, ob wir Beschwerde einlegen. Wichtig ist, daß es sich in den betreffenden Fällen um kurzfristige Einsätze gehandelt hat, die von den Schulen in eigener Verantwortung mit den Arbeitsagenturen abgeschlossen worden sind - und zwar nicht für Bildung und Betreuung."

© Berliner Morgenpost 2005



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